Vor gut dreißig Jahren, als ich mich ohne Umschweife in die Welt der Spiritualität begab, hatte ich viele Träume…

Ich würde selbstverständlich „Eingeweihte“ treffen – das war damals der Modebegriff – und eine Menge von Leuten, die sich auf hohem Niveau bewegten. Um es kurz zu fassen, ich war überzeugt, in ein Ausnahmeumfeld einzutreten, wo ethische Werte herrschten, die schönsten menschlichen Tugenden gepflegt wurden, die Menschen überdurchschnittlich bewusst waren und sich natürlich dem Dienste an Dritte widmeten.

Und wenn ich heute auf diese Jahre zurückblicke, wird mir klar, dass ich im Laufe meiner Tätigkeit und der vielen Reisen, die ich dabei gemacht habe, tatsächlich Ausnahmemenschen kennen gelernt habe… schöne, gutherzige, reine Seelen. Sie haben, oft unbewusst, meinen Glauben an die Menschheit gestärkt und mich ermutigt, weiter zu machen.

Aber wenn ich in diese Erinnerung etwas tiefer eindringe, stelle ich dabei fest, dass solche Seelen nicht zwangsläufig den sogenannten spirituellen Kreisen angehörten. Es waren nur schöne Seelen mit großzügigen Blicken und echten Lächeln. Seelen ohne „Doppelboden“, wie ich sie gerne bezeichne.

Um ehrlich zu sein, sind es vor allem diese Seelen, an die ich mich heute noch, nach den vielen Jahren, erinnere und die in meinem Herz und meinen Gedanken sind. Große Reden oder Theorien brauchten sie nicht. Sie hatten von vielen angeblich erleuchtenden Dingen keine Ahnung und es war wohl besser so, denn dadurch waren sie auf ganz natürliche Weise sich selbst.

Es ist selten und ehrenwert, wenn ein Mensch nicht anmaßend ist.

Ich werde Ihnen jetzt verraten, was ich tief in meinem Inneren empfinde… auch wenn ich schon jetzt weiß, dass es nicht allen gefallen wird: Ich bin die Welt, die sich spirituell nennt, schon lange leid.

Warum? Weil sie, alles in allem, bestimmt nicht spiritueller als andere ist. Weil sie, genauso wie die anderen Welten, die man profan nennt, ihre Diktatoren, Schlafmützen, Betrüger und Schauspieler hat. Weil mir dort wie überall viel zu oft Leichtsinn und Überheblichkeit begegnen… und sogar Bosheit.

Aber keine Sorge… Ich habe nicht die Absicht, meine ganze Bitterkeit hier aufzutragen!

Ich bleibe weiterhin ein Liebhaber des Lebens und glaube immer noch an das Lichtpotential, dass wir alle in uns tragen.

Was ich hier sagen möchte, ist Folgendes: Wenn man behauptet, das Erblühen des Bewusstseins anzustreben, muss man noch wachsamer sein und noch höhere Anforderungen an sich selbst stellen, als sonst wo.

…Weil unsere Interessen reichen nicht aus, um aus uns bessere Menschen zu machen, weil sie auch nicht aus uns die Mitglieder einer Art Elite machen, und noch weniger auserwählte Anwärter des „Aufstiegs“.

Stolz, Anmaßung und Überheblichkeit schleichen sich sehr klammheimlich in „spirituelle Kreise“ ein. Ich würde sogar sagen, sie sind gefährlich, da sie sich als „Erleuchtung“ tarnen. Der Geist, der sie entdeckt, ist allzu oft nur ein aufgeblähtes Ego, das zerplatzt…

In einem solchen Kontext ist Bescheidenheit meist Mangelware. Meine Beobachtungen bestätigen es mir immer wieder: Es wimmelt nur so von selbsternannten Meistern und Besserwissern ohne wahre Erfahrung.

Aber warum ist es so?

Es liegt meiner Meinung nach an dem Phänomen, was ich „Ausuferungen des Erwachens“ nenne. Es äußert sich wie Hitzewallungen, die der menschlichen Seele befallen, wenn sie anfängt zu „gären“, in anderen Worten, wenn sie plötzlich das Bedürfnis verspürt, zu wachsen und DAS, was ihr innewohnt, kennenzulernen.

Es handelt sich um eine scheinbar unumgängliche Krise, die wir alle früher oder später in unserer Entwicklung durchleben müssen. Eine pathetische Krise, bei der alle Betroffene auf süffisante und egozentrierte Weise die Dualität und Illusion unserer Welt anprangern… einer Welt, deren Eitelkeit sie angeblich bereits durchschaut haben. Diese Krise hat in unserer Zeit der globalen Umwälzungen epidemische Ausmaße erreicht.

Wenn ich mich hier zu solchen Betrachtungen verleiten lasse, dann nicht um Bedauern zu äußern oder gar andere zu verurteilen. Wie der Körper muss das Bewusstsein ebenfalls eine Art pubertärer Krise durchleben.

Ich habe dieses Thema angesprochen, um das Verantwortungsbewusstsein jedes Einzelnen zu stärken und um zu mehr Einfachheit aufzurufen, damit die Zahl derer, die eine Rolle einnehmen, die sie nicht aufrechterhalten können, immer weniger wird. Damit wir weniger wie vollaufgeblasene Luftballons durch das Leben gehen. Und letztendlich, damit wir ganz einfach zu einem gesunden Menschenverstand zurückkehren.

Ich sprach eben von Einfachheit… Sie ist alles, was unser Herz braucht, können wir es nicht verstehen?

Einfachheit beinhaltet Spontaneität, Großzügigkeit, Gutherzigkeit, Vergebung, Liebe… Man könnte die Liste weiter fortsetzen, aber das würde alles… kompliziert machen!

Ich sehe die Einfachheit der Seele als Spiegel der letztendlichen Wahrheit, die uns innewohnt und die wir immer außerhalb von uns suchen.

Was mich betrifft, so ist bin ich nicht daran interessiert zu erfahren, was die aufgestiegenen Meister von Shambhala im Winter essen, noch welche Schwingungsebene ich erreicht habe, oder welche Orte der Erde für das Erscheinen einer galaktischen Flotte, die „die Besten von uns“ auf einen anderen Planeten bringen soll, vorherbestimmt wurden.

Damit möchte ich nur sagen – oder vielmehr wiederholen –, dass es jetzt an der Zeit ist, authentisch und bescheiden zu sein, während unsere Welt Risse bekommt.

Wenn wir endgültig mit dem Rücken zur Wand stehen, werden wir das, was wir verstanden und verinnerlicht haben, mit Mut, Klarheit, Vertrauen… und natürlich Freude zum Ausdruck bringen.