Ich erinnere mich noch sehr gut an einen Dezemberabend in den fünfziger Jahren. Es war kalt und nass und ich folgte meinen Eltern bei ihren Weihnachtseinkäufen von einem Schaufenster zum anderen. Ich erinnere mich besonders gut daran, weil es ein etwas trauriger Abend war. Ich hatte nicht, wie im Vorjahr, einen einzigen, also den echten Weihnachtsmann in den Straßen getroffen, sondern zwei, dann drei.

Daraufhin löcherte ich meine Mutter mit Fragen und sie gab schließlich zu, dass es den guten alten Mann mit weißem Bart nicht gebe… Man hätte ihn nur erfunden, um den Kindern einen Traum zu geben.

Für den kleinen Jungen, der ich war, ging damit ein gewisser Lebenszauber zu Ende. Die sogenannte “rationale” Welt tauchte plötzlich auf. Das war die klassische Geschichte, die alle Kinder, die in der westlichen Gesellschaft groß werden, früher oder später erleben: die “Enthüllung des Märchens vom Weihnachtsmann”.

Seit jenem Tag haben viele Umstände das Antlitz unseres Planeten verändert. Die Entwicklung geht dahin, den heranwachsenden Kindern und zukünftigen Erwachsenen zu beweisen, dass es den Weihnachtsmann definitiv nicht gibt.

Seitdem habe ich auch öfters gehört, das sei viel besser so – besser und auch logischer, weil die “realistischen” Werte unserer Gesellschaft, die sich zunehmend von Wettbewerb treiben lässt, keinen Platz für Träumer und Dichter zulassen.

Kurz und gut, “alles” tendiert dazu, mich von der Nutzlosigkeit des “Wunderbaren” zu überzeugen, da angeblich alleine der Rationalismus die Menschheit in Gleichgewicht bringen und eine bessere Welt erschaffen kann.

Und schließlich, warum auch nicht? Ja, warum nicht, wenn es so stimmt? Aber dann sollten wir dem Weg des Rationalismus konsequent bis zum Ende gehen! Denn, wenn ich heute den Gesundheitszustand unserer Menschheit betrachte, wird mir klar, dass in unserer Auffassung von Wahrheit und Stimmigkeit etwas faul ist.

Denken wir nach… Seit nunmehr anderthalb Jahrhunderten setzt der westliche “Rationalismus” seine weltweite Revolution fort, und nun ist der Moment gekommen, wo wir uns die Frage stellen müssten: Hat diese Sicht der Dinge weise Menschen hervorgebracht, auf die wir uns stützen können, oder auch nur “vernünftige” Menschen? Ich würde gern mit “Ja” antworten, aber leider kann ich es nicht…

Man muss kein Soziologe, Wirtschaftswissenschaftler oder Philosoph sein, um zu erkennen, dass es den Persönlichkeiten, die wir ernannt haben, um unsere Welt mit Rationalität und Realismus zu führen, schlicht und einfach an gesundem Menschenverstand mangelt. Ihr Verstand ist auf der Strecke geblieben, könnte man meinen. Ihre Auffassung von “soliden und konkreten” Werten ist in unsinnigen Wahnsinn ausgeartet. Denn wie könnte man sonst diese Störung, dieses Ungleichgewicht, an der unsere Welt leidet, nennen? Sind wir überhaupt vernünftig in unserer Art, sowohl mit dem Planeten als auch mit unserem inneren Planeten umzugehen?

Nun, in dieser Jahreszeit, wo man traditionell das Licht zelebriert, möchte ich Sie von tiefstem Herzen fragen: Wer sind die Realisten heutzutage auf dieser Welt? Die, die wie früher auf Blut und Gier aus sind, oder die, die oft vergeblich versuchen, ein Mikrofon zu finden, um laut zu sagen: “Lasst uns alle miteinander eine neue Platte auflegen und einen neuen Traum erschaffen”. Nein, es ist nicht rational, immer wieder im alten Trott der menschlichen Geschichte zurückzufallen. Darin liegt die wahre Utopie!

Persönlich, wie auch vermutlich viele von Ihnen, halte ich noch an meinen Träumen fest…. Nicht im Sinne von Schwärmerei oder Spinnerei, ganz im Gegenteil: Weil ich erwacht bin, glaube ich fest daran, dass der wahre Traum die Zukunft ist, die wir weben.

Also, wenn jeder von uns sich trauen würde, ganz tief in seinem Innern, so etwas wie einen roten Mantel mit weißem Rand anzuziehen, um etwas Sinnvolles – Einfaches und Schönes – anzubieten, dann wette ich, dass die Menschheit ein Riesenschritt nach vorne machen würde.

Darum, an diesem Jahresende, von dem man sagt, es läutet das Ende einer Ära ein, so wünsche ich jedem von uns den Verstand des Weihnachtsmannes. Nur er kann den trügerischen Verstand der “Totengräber der Seele” untergraben.